Sonntag, 7. April 2013

Der dritte Tag

Hallo zusammen!

Nun kommt mit einem Paukenschlag hüstel der lange ersehnte nächste Teil meines Italienberichts. Viel Spaß beim Lesen!

Der dritte Tag

Uhrzeit Station
10:00 Certosa di Pavia
12:00 Geoanalyse, Castello Visconteo
12:30 Mittagspause
14:00 Palazzo Communale, Universitätsviertel, Geschlechtertürme
15:00 Kirche San Michele
15:30 Brücke
15:45 Dom
16:05 San Pietro

Soweit also der Tagesplan. Ihr fragt euch sicherlich, warum dieser im Vergleich zum vorigen so kurz ausfällt? Tja, meine Gruppe war halt besonders toll. ☺ Spaß beiseite, wir hatten an diesem Tag einige Strecken mit dem Bus zu bewältigen. Aber fangen wir mal besser vorne an...

Nach einer weiteren schlecht geschlafenen Nacht, einem weiteren mäßigen Frühstück versammelte sich die Mannschaft komplett gepackt und pünktlich um halb neun vor dem Bus zur Abfahrt. Die gesamte Mannschaft? Nein! Ein kleiner rebellischer (ähm unwissender) Busfahrer hatte keinerlei Ahnung, dass er uns am heutigen Tage weiter nach Pavia (und von da aus noch weiter) fahren sollte. Also packte der gute Mann, dessen gute Laune wirklich nichts verderben konnte, schnell seine Sachen und mit dem Navi ausgerüstet ging es dann los durch die Mailänder Innenstadt. Im Schneckentempo. Ich glaube, die gesamte Stadt bestand nur aus einem einzigen Stau und roten Ampeln. Nach einer halben Ewigkeit und einigen bei rot überfahrenen Ampeln ließen wir Mailand aber endlich hinter uns und kamen dem nur knapp 40km entfernten Pavia näher.

Im Bus war die Stimmung famos, man war zwar müde, aber man kannte sich inzwischen ja einigermaßen, sodass ausreichend Raum für allerhand Späße gegeben war. Leider konnte der gesamte Bus das Rätsel über die Abbildungen auf meinen Keksen nicht lösen (auf Atomium und Brandenburger Tor kamen wir, das dritte war nicht zu erklären). Auch einer unserer Dozenten musste sich auf diebischste Art und Weise („Ach, darf ich mir den auch mal anschauen? – Danke für den Keks!“) an dem Rätselraten beteiligen. Übrigens war ich nicht die einzige, die großzügig und generös ihre Essenschätze mit den anderen teilte. Ein allgemeines zweites Frühstück fand statt, bis wir an der Certosa di Pavia, unserem Zwischenziel, ankamen

Leider war die ursprüngliche Referentin dieser Klosteranlage überraschend krank nicht erschienen, sodass die übrigen Gruppenmitglieder mit dürftigen Handyverbindungen einige wichtige Daten zusammengekratzt hatten. Das Kloster verband/verbindet den Beginn eines riesigen Parks mit dem Schloss/Burg in Pavia.. Wohl gemerkt, nach Pavia fuhren wir später noch eine gute halbe Stunde. Während der kurzen Erläuterungen konnte man auf einer nahegelegenen Mauer beobachten, wie die tierische Fortpflanzung der Katzen funktionierte, was natürlich zu einigen sehr unreifen Kommentaren der gebildeten Mitreisenden verführte. ☺

Darauf ging es endlich hinein. Offiziell durfte man dort nicht fotografieren, da sich jedoch keiner der Touristen daran hielt, schoss auch ich ein paar wenige (wenn auch mit schlechtem Gewissen... aber immerhin ohne Blitz!). Der erste Blick, der sich uns bot, war die Fassade der Kirche und sie war wirklich atemberaubend. In unzähligen Statuen und Reliefen wurde die Geschichte des Christentums mit den verschiedenen Märtyrern und im Kampf gegen die Weltlichkeit (und noch irgendwas) dargestellt.






Außenansichten der Kirche der Certosa di Pavia

Noch beeindruckender war dann das Innere der Kirche. Sehr viele kleine Seitenkapellen, alle einem biblischen Thema gewidmet (z.B. Mariä Empfängnis), das sie konsequent in aller Gestaltung durchhielten. Besonders putzig fand ich die Engelchen an einer Decke, die die Dornenkrone und Kreuznägel Jesu trugen. Das Seitenschiff ähnlich prunkvoll. Alle Decken übrigens entweder in verschiedenen Blautönen oder rot gehalten. Von Gold ganz zu schweigen. Da steckte ordentlich Geld dahinter. Ebenfalls erwähnenswert: Der Kapitelsaal mit sage und schreibe 32! Plätzen, sehr großzügig gestaltet, mit reichlich Holzschnitzereien und einem riesigen goldenen Altar, der mit zahlreichen Edelsteinen geschmückt war. Hatte ich schon erwähnt, dass es dort Geld gegeben hatte?

Von der Kirche aus kam man dann in den Kreuzgang. Joar, klein war was anderes. Sehr gepflegt, hübsch anzuschauen, mit Resten von alten Reliefen. Dann aber der Oberhammer: Durch ein weiteres Tor kam man zu einem weiteren Kreuzgang, der mindestens so groß wie ein gesamtes Fußballfeld war. Gesäumt wurde er von 32 kleine Häusern, den Clausuren der Mönche. Man konnte eines sogar betreten. Es bestand aus 2 kleinen Zimmern, eines davon mit Kamin, einer Essensdurchreiche von draußen und einem Privatkreuzgang. Wenn das mal kein Luxus war. ☺


Die 32 Clausuren

Danach wollte ich mir zwar noch mal die Kirche anschauen, aber wir wurden von einem dunkelhäutigen Mönch nach draußen komplimentiert, da nun die Mittagsruhe bzw. vorher das Mittagsgebet stattfinden würde. Nun gut. Dann eben nicht. Also wieder zurück in den Bus. Und wer fehlte dort? Zwei unserer Dozenten. Die waren zum Glück aber nicht allzu weit, nur auf der Toilette des Busparkplatzes... Unser verbliebener Dozent überzeugte den Busfahrer ihnen doch einen Streich zu spielen.. Tja, auch Dozenten können rennen. ☺

Dann ging es wie gesagt in die Innenstadt von Pavia. Zuerst stand hier das die Burg, das Castello Visconteo, also das Kastell der Familie Visconti, auf dem Plan. Allerdings hatten unsere äußerst kundigen Führer nicht besonders viel darüber zu sagen. Und rein durfte man auch nicht. Eher langweilig daher.



Castello Visconteo in Außenansicht

Darauf führten sie uns, ich glaube, auf den Marktplatz, der doch noch ein gutes Stückchen entfernt war. Dort durften wir dann – pünktlich im Zeitplan – Mittagspause machen. Es bildeten sich wieder spontan einige kleine Gruppen und meine war so faul, direkt am Marktplatz in ein kleines Café zu gehen. Schnuckelig, klein, leckere Paninis, mindestens genauso guter Kaffee und eine Odyssee bis zum Klo (aber ein richtiges!). Als erstes war eine Freundin von mir auf der Toilette, die Schreckgeschichten vom Aufzug erzählte, der zur Toilette führen sollte... Licht ausgehen, Türen selbst aufschieben, Rattern... Naja, das volle Programm eben. Darauf entschieden die nächsten zwei – eine Bekannte und ich – notgedrungen eben auch auf die Toilette zu gehen. In meiner gnadenlosen Intelligenz fand ich ein Schild zur Toilette, das über Treppen zu gehen schien. Also nichts wie hinterher!

Und plötzlich standen wir in einem halb im Bau befindlichen Hinterhof. Doch wir schienen richtig zu sein, über zwei Treppen kamen wir in eine Art halb geschlossenen Flur. Doch wohin nun? Es gab kein weiteres Toilettenschild... Also probierte ich einfach mal eine Tür aus – und siehe da, es war eine kleine Lounge (whatever...), von der aus man zu den Toiletten kam! Sogar den Aufzugschacht gab es hier, da waren wir also richtig. ☺ Der Weg zurück war dann auch gar kein Problem mehr.



Big Brother's watching you in Pavia und Marktplatz

Nach der Mittagspause durften wir zunächst die Rückseite des Domes bewundern. Ich habe keine Ahnung mehr wieso und auch nicht wirklich zugehört. Spannend war das jedenfalls nicht. Danach wurde uns der angrenzende Palazzo Communale vorgestellt, wenn ich richtig bin quasi das mittelalterliche Rathaus.



Palazzo Communale und Apsis des Domes

Von da aus ging es durch verschiedenste Gassen und Höfe der Universität. Ganz ehrlich, da könnte sich die Uni Heidelberg noch eine ordentliche Scheibe abschneiden in der Gestaltung. Alles echt hübsch, antik wirkend. Und dabei ist Heidelberg älter! Direkt neben den Universitätsgebäuden steht auch der größte Schwanzvergleich, den ich jemals gesehen habe: Die Geschlechtertürme! Ursprünglich zur Machtsicherung und Erspähung von Feinden (na sicher doch!) erdacht, sollten sie auch den Reichtum und die Potenz der Familie darstellen. ☺ Der Spruch mit dem Schwanzvergleich, übrigens nicht meiner, machte natürlich sofort die Runde und sorgte für allgemeine Ausgelassenheit, die unsere Dozenten nicht so ganz verstanden. Der größte war übrigens um die 40m hoch.









Verschiedene Ansichten der Universität und deren Innenhöfe, sowie zwei der übrig gebliebenen Geschlechtertürme.

Von den Geschlechtertürmen ging es ein gutes Stück durch die Altstadt weiter. Unterwegs sahen wir einige interessante Gebäude und auch Kirchen – aber es gab keine Erläuterungen dazu, schade. Dann jedoch kamen wir irgendwann an unserem Ziel an: Der Kirche San Michele. Sie hat eine sehr abgetragene Sandsteinfassade, was im Mittelalter allerdings als besonders chick galt, da Sandstein sehr teuer war. Naja, von den vielen eingearbeiteten Verzierungen konnte man höchstens leider nur noch etwas erahnen. Viel mehr kann ich über diese Kirche nicht mehr erzählen, der kleine Welpe, der vor der Kirche mit seinem Herrchen unterwegs war, war viel interessanter. Und die gegenüberliegende Villa schöner.






Außen- und Innenansicht von San Michele und der gegenüberliegenden Villa.

Nach der Kirchenbesichtigung hatten wir nur noch einige wenige Meter zur Brücke zu laufen (im Ablaufplan der Gruppe steht nicht mal der Name der Brücke, tzz...). Jedenfalls ist diese Brücke dort schon sehr alt, wurde aber wie so vieles im zweiten Weltkrieg zerstört, sodass man heute nur noch einen Pfeiler aus dem Wasser ragen sieht. Dafür wurde wenige Meter daneben eine neue, ähnlich aussehende errichtet. Sie reicht auch direkt an den Beginn der Hauptstraße hinein, die uns dann wiederum zum Dom führte.



Die alte Stadtbrücke

Ja, nachdem wir einige Zeit vorher die Rückseite begutachten durften, durften wir jetzt die Vorderseite begutachten. Ein unvollständiger Dom, den Bauherren ging das Geld aus. Sehr schlecht für die Durchsetzung von Machtansprüchen kann ich da nur sagen. Im Inneren auch sehr vieles noch unfertig, dafür wunderbar hell, weil es viele Fenster und weißen Marmor gab. Vielleicht gefiel mir der Dom deshalb so gut. In Italien gibt es übrigens keine Gelder für solche Erhaltungen oder Bauten. Alles muss erst über private Spenden reingeholt werden.


unfertige Seitenverkleidung des Domes mit Marmor

Die Domfassade von außen - nur Backsteine

Reiterstatue auf dem Domvorplatz, man beachte die gelbe Stelle


Kurzer Eindruck des Dominneren

Jetzt hatte ich ganz vergessen zu erwähnen, dass sich in der Zwischenzeit eine gewisse Panik breit machte, nicht mehr nach Heidelberg zu kommen. Oder jedenfalls nicht am besagten Tag. Google Maps berechnete von unserem Hotel bis nach Heidelberg für einen PKW mit Richtgeschwindigkeit 130km/h nämlich exakt 8h 15min – unser Bus fuhr jedoch nur 100km/h und unser Busfahrer durfte nur 10h fahren... Problem gefällig? Eine Lösung gab es dennoch, das erzähle ich zum Schluss, eines nur vorweg: Wir kamen heim, sonst würde ich jetzt nämlich nicht schreiben.


Der 2007 eingestürzte Glockenturm des Domes, der uns beim Verlassen des Domplatzes auffiel.

Vom Dom aus ging es wieder in die Nähe des Castello Visconteo, zur unscheinbaren Kirche San Pietro blalblabla (zu deutsch: im goldenen Himmel, das konnte ich mir merken). Von außen echt nicht spannend, aber von innen: Dort befinden sich nämlich gleich drei Märtyrer: Boethius, Augustinus und König Liutprand. Und jetzt mal ohne Ironie: Das ist schon ziemlich beeindruckend. Eine Krypta mit quasi den zwei wichtigsten Heiligen/Gebildeten der ausgehenden Antike und ein Märtyrerkönig. Respekt.


Das unscheinbare Äußere von San Pietro


Das Innere...

Die Reliquie Liutprands

Die Reliquie Boethius'

Und die Reliquie Augustinus'

Genug des Respektes, die Zeit drängte und wir waren gut eine halbe Stunde in Verzug, als wir danach am Bus wieder ankamen. Lasset die Odyssee beginnen!

Von Pavia aus, auf die falsche Autobahn nach Mailand und über die Dörfer wieder zurück nach Pavia. In Pavia in den Feierabendverkehr und die Umgehungsstraße dauernd verpassen. Dann endlich, auf die richtige Straße kommen. Nur etwas über eine Stunde Verspätung bis jetzt! Nächste Erkenntnis: Auf der richtigen Straße gibt es eine Brücke, die nur für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen zugelassen ist. Klar, der Bus ist selbstverständlich nicht leichter. Also umdrehen und umständlich die LKW- Route suchen. Die sogar auf Anhieb gefunden. Inzwischen war es dunkel und der Umweg groß. Dann endlich: Die Autobahn! Juhu! Da mussten wir hin. Also eine gute dreiviertel Stunde Autbahn fahren. Dann die Überraschung: Die Autobahn führt gar nicht direkt nach Mantua, sondern nur ungefähr daran vorbei. Nochmal 65km Landstraße vor uns. Und eigentlich sollten wir zu dem Zeitpunkt schon im Hotel sein bzw. in dem Restaurant, wo ein Tisch für uns reserviert gewesen wäre. Wurde natürlich abgesagt. Aber wir kamen voran! Und es dauerte und dauerte... Und ich musste mal auf die Toilette... Und es dauerte...

Aber dann! Es kam Mantua und die Straße, auf der sich unser Hotel befinden sollte. Und wir fanden es sogar auf Anhieb. ☺ Also schnell einchecken und auf die Zimmer. Ich hatte übrigens die ganze Zeit die schlimmsten Befürchtungen gehegt, da es nur einen Stern hatte und ich die italienische Sauberkeit von drei Sterne Hotels kannte. Aber lachhaft! Das Hotel bestand zwar quasi nur aus einem langen Gang mit Zimmern (eines davon die Rezeption), aber alles top! Die Zimmer mit Dachfenster, da innenliegend, sauber, neu, mit Kühlschrank und sauberem Badezimmer. Ein Traum! Und so ruhig!


Blick auf die Betten im Hotel

In der Zwischenzeit hatte die Hotelbesitzerin (es schien ein Familienbetrieb zu sein, da außer ihr noch ihr Mann und ihre etwa zweijährige Tochter herumliefen) uns einen Tisch in einem nahegelegenen Restaurant reserviert. Ich wieder kritisch, eine ähnliche Geschichte, die ein echter Reinfall war, kannte ich nämlich schon von meiner italienischen Studienfahrt. Doch wieder bewahrheitete sich das nicht. Ein tolles Restaurant, sehr chick und leckeres Essen. Es gab einen primi – Pasta in Tomaten- Knoblauchsoße – und ein secondi – Kalbsschnitzel in Zitronenweißweinsoße. Verdammt lecker kann ich euch nur sagen.

Währenddessen unterhielten wir uns natürlich weiter, jetzt hatten wir schon so viel Zeit im Bus verbracht, da wurde das ganze richtig lustig. Jetzt weiß ich auch, was der Satz „Warum liegt da Stroh?“ heißt. Gut, das wollte ich jetzt nicht unbedingt wissen, aber Allgemeinbildung, nicht? ☺

Da wir alle aber noch vom schlechten Jugendherbergsschlafen geplättet waren, wurde dies kein langer Abend und wir verzogen uns alle relativ zügig auf unsere Zimmer, um uns für den nächsten Tag auszuruhen.

Ja, der nächste Tag wäre geschafft, ich verspreche euch bis Dienstagabend den nächsten und damit vorletzten Tag. Ich wünsche euch noch einen schönen Abend!

Ding(s)

1 Kommentar:

  1. klang zwar leicht chaotisch euer Tag, aber ich finde die ganzen vor allem bildlichen Eindrücke toll! Da bekommt glatt wieder Reiselust. *-*

    Besonders gelungen finde ich das Bild vom Treppenaufgang im Universitätsgebäude/Innenhof. Von de Farben, dem Winkel her... toll =)

    Liebe Grüße
    Neomai

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