Dienstag, 8. Oktober 2013

Ein neuer Versuch..

Hallo zusammen!

Ein neuer Versuch im Schreiben, von dem ich noch nicht so wirklich weiß, ob es mir gefällt oder eben nicht. Oder ob ich überhaupt weiterschreiben möchte. Lasst mir doch eure Meinung (gerne ausführlich!) hier!



Es ist ein sehr, sehr unangenehmes Gefühl, an jemand anderen zu denken und zu wissen, dass die Phantasie mit einem spazieren geht. Es ist ein deprimierendes Gefühl, es zieht einen hinab, es macht einen traurig und wütend zugleich. Es ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, denkt man. Am liebsten würde man dem anderen das auch ganz genau so erzählen und es ihm vorwerfen. Am allerliebsten aber hätte man, dass man das nicht einmal tun müsste, sondern dieser andere es von selbst bemerken würde.

Aber das passiert nicht. Bleiben wir realistisch. Das Leben ist nun einmal unfair – und das sage ich als Siebzehnjährige. Da gibt es absolut nichts zu beschönigen. Es ist hart, gemein und vor allem unfair. Man kann einfach nur versuchen, das Beste für sich heraus zu holen und zu vermeiden, für dieses Beste einen anderen Menschen zu benötigen. Denn ansonsten wird man sicherlich nur enttäuscht. So wie ich.

Vielleicht sollte ich aber von vorne anfangen, damit ihr versteht.

Alles begann damit, dass ich mich verliebte. Keine besondere Sache, jungen Mädchen passiert das ständig. Zwar war ich nicht der Typ dafür, immer konnte ich jedoch nicht außen vor bleiben. Und so geschah es, dass ich meinen Klassenkameraden Tim mehr als nur nett fand. Er war ein sehr höflicher Kerl, hielt mir immer die Tür offen, bot an, schwere Taschen zu tragen und hatte immer dieses gewinnende Lächeln auf den Lippen. Das allein hätte aber niemals ausgereicht, um mich Einzelgänger aus der Reserve zu locken. Für mich brauchte es ein bisschen mehr Gründe.

Und die bekam ich auf unserer Klassenfahrt. Ziel war das allseits beliebte Berlin, wie hätte es auch anders sein können. Während meine Klassenkameraden sich auf Shoppen und Feiern freuten, schlug mir das Herz höher, der jüngeren deutschen Vergangenheit näher zu kommen. Was konnte es Interessanteres geben als den Kalten Krieg und die Zweiteilung Deutschlands? Ähnlich sahen das sicherlich auch unsere Lehrer, denn das Programm sah neben Bundestag, Holocaustdenkmal und Mauerbesuch auch ein Zeitzeugengespräch mit einem DDR- Dissidenten vor. Selbstverständlich stieß das auf entnervte Ausrufe wie „Och nein.“ und „Das haben wir doch alles schon mindestens dreimal gehört.“

Ich fand es interessant. Menschen, die so etwas miterlebt hatten, konnten doch immer noch einiges erzählen, was man vorher so nicht wusste. Sie konnten auf einfachste Weise die schlimmsten Grauen verdeutlichen, Mitgefühl und Trauer wecken. Verständnis schaffen. Aber das konnte man eben nicht von einer Horde Heranwachsender erwarten und entsprechend gestaltete sich das Gespräch mit dem netten, schon etwas betagten Herrn.

Nachdem er seinen Vortrag beendet hatte, wollte er noch nicht gleich wieder aufbrechen, sondern ermutigte uns, ihm doch gerne weitere, offen gebliebene Fragen zu stellen. Stille. Traute sich niemand zu fragen oder waren meine Mitschüler einfach nur entnervt? Ein kurzer Blick durch die Reihen bestätigte mir Zweiteres: Da wurde auf dem Smartphone getippt und gewischt, Kaugummi kauend aus dem Fenster gesehen und getuschelt. Die typische Null- Bock- Haltung also. Es war mir richtig peinlich, das mit anzusehen. Ich selbst jedoch konnte mich nicht entscheiden, was ich nun genau fragen wollte und wie ich die Frage am besten stellen sollte. Gerne sprach ich jedenfalls nicht vor den anderen.

Schon räusperten sich unsere Lehrer leicht nervös und tadelnd. Der Herr Dissident brachte nur noch ein schales Lächeln zustande, sicherlich würde auch er gleich diesen Versuch als gescheitert zugeben. Man konnte die Angespanntheit der Situation geradezu spüren, unerträglich so etwas. In Kombination mit dem Fremdschämen und dem eigenen Nicht- trauen wurde mir richtig schlecht. Hoffentlich war es gleich vorbei, ansonsten würde ich hinaus gehen müssen.

Gerade als ich aufstehen wollte, kam die erlösende Frage. „Können Sie uns vielleicht beschreiben, wie die Situation damals in Ihrer Familie und bei Ihren Freunden war? Wie haben sie auf Ihre Haltung reagiert? Wurden Sie bespitzelt?“ Auch von den Lehrern wich sichtlich die Anspannung. Tim hatte die Situation im letzten Moment vor dem Kippen bewahrt. Auch der nette Herr Dissident schien erfreut über diese Wortmeldung und legte sogleich mit einer ausführlichen und ausschweifenden Erklärung los, es wurde noch sehr interessant.

Das war der Augenblick in dem ich Tim zum ersten Mal so richtig warnahm. In dem ich feststellte, dass er doch ein gewitzter Kerl war, denn er stellte im Nachfolgenden einige sehr prägnante und gute Fragen, welche die Diskussion voran trieben. Ich war überrascht. Bisher war ich davon ausgegangen, meine gesamte Reisegruppe sei lediglich wegen des berühmten Berlin Flairs hier. Doch anscheinend hatte ich mich damit getäuscht. Tim interessierte sich auch für Geschichte. Ein Mensch, mit dem man sich vielleicht mal unterhalten könnte, dachte ich und verfolgte darauf wieder das Gespräch.

Als wir nach diesem Termin wieder zu unserer Unterkunft trotteten, beschloss ich, Tim einmal anzusprechen, bevor mich der Mut wieder verließ oder ich es für nicht mehr so bedeutsam hielt, einmal sozial zu sein. „Hey, voll super wie du vorhin die Situation gerettet hast. Magst du Geschichte?“ Sozial sein war nun wirklich keine meiner Stärken, sodass ich es mir auch sofort verzieh, eine solch tumbe Frage gestellt zu haben. Zu meinem Glück sprang Tim aber sofort darauf an. „Ja, unbedingt! Ich bin ein absoluter Geschichtsfreak – du etwa auch?“ Und so entspann sich unsere erste Unterhaltung über die deutsche Nachkriegsgeschichte, den Geschichtsunterricht und – zu meiner eigenen Verwunderung – die Banalität unserer Klassenkameraden.

Wir waren sofort auf einer Wellenlänge und so ergab es sich, dass wir die nächsten Tage unserer Klassenfahrt zusammen abhingen und über die verschiedensten Themen diskutierten. Ich erfuhr auch einiges über ihn. Tim kam ursprünglich aus dem Osten Deutschlands, war aber, genauso wie ich, zu jung, um die Teilung noch miterlebt zu haben. Er hatte zwei ältere Geschwister und war somit immer das Nesthäkchen gewesen, auch wenn seine Eltern viel und hart arbeiteten, um die Bildung ihrer Kinder, auf die sie sehr hohen Wert legten, zu finanzieren. Trotz seines Interesses für Geschichte wollte Tim allerdings kein Historiker werden – „zu unrentabel“ machte er seine Position klar. Lieber wollte er Arzt werden, den Menschen direkt helfen.

Ich fand das alles sehr bewundernswert. Endlich jemand mit Geist, der sich nicht nur für Parties und Yolo begeistern konnte, sondern auch noch den Wert einer richtigen Diskussion zu schätzen wusste.

Natürlich war es abzusehen, dass dieses Bündnis unseren Klassenkameraden nicht verborgen bleiben würde. „Der Freak und die Freakin tun sich zusammen“, hieß es und es wurde getuschelt, ob und wann wir miteinander rummachen würden. Völliger Schwachsinn war das. Tim war intelligent und beredt, aber doch sicherlich kein Typ für eine Beziehung. Da er auch einiges mehr als ich wusste, fühlten sich die Gespräche mit ihm eher wie mit einer Art väterlicher Freund an. Außerdem wollte ich keine Beziehung, das Abitur stand vor der Tür, da konnte ich so etwas Ablenkendes nun sicher nicht gebrauchen.

Tim und ich sprachen natürlich auch über diese Gerüchte und machten uns darüber lustig. Dass die anderen so etwas wie eine intellektuelle Verbindung ja nicht verstehen würden und so. Wir waren schrecklich arrogant, wie ich mir im Nachhinein eingestehen muss.

Jedenfalls ging die Klassenfahrt viel zu bald vorbei und wir mussten unweigerlich wieder in den Schulalltag eintauchen und uns auf das bald anstehende Abitur vorbereiten.

Liebe Grüße,

Eure Ding(s)

2 Kommentare:

  1. Hallo =)

    Ich mag die Geschichte, sie ist nicht nur Sonnenschein und Friede Freude Eierkuchen, und erzählt einfach davon, was uns sicher allen schon einmal passiert ist. Ich hätte den letzten Absatz anders formuliert, er wirkt ein wenig platt im Vergleich zum Rest des Textes.
    Ansonsten gefällt mir Dein Schreibstil :)

    Liebe Grüße
    Neomai

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    1. Ja, da hast du Recht, der letzte Absatz ist nicht gut - der war und ist allerdings auch erst einmal nur als Platzhalter gedacht, bin mir noch nicht zu 100% schlüssig wie ich weiterschreibe (was meistens nachts passiert xD)
      Auf jeden FAll aber danke fürs Feedback!

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