Mittwoch, 10. April 2013

Die Unzufriedenheit der deutschen Kinder

Hallo zusammen!

Heute möchte ich ein Thema ansprechen, das gerade die Runde in den Nachrichten macht und mich persönlich als angehende Lehrerin anspricht: Die Unzufriedenheit der deutschen Kinder und Jugendlichen. Ein recht polemischer Zeitungsartikel dazu findet man hier:

Artikel der Zeit

Der Artikel räumt zwar ein, dass es den deutschen Kindern besser gehe, argumentiert dann aber mit der vermeintlichen Unzufriedenheit dieser, um die aktuelle Leistungsgesellschaft zu verteufeln. Gleichzeitig werden einige halbgare Andeutungen einer schwarzen Zukunft gemacht, ohne diese jedoch weiter auszuführen oder zu begründen. Insgesamt transportiert dieser Artikel fast keine Information und erreicht viel eher eine Panikmache.

Um diesem Sachverhalt auf den Grund zu gehen, schaue ich mir einmal den Unicef- Bericht direkt angesehen. Man findet ihn hier, allerdings nur auf Englisch:

Unicef- Bericht

Darin findet sich gleich auf Seite 5 eine Tabelle mit verschiedenen Rankings von 29 verschiedenen europäischen Ländern. Deutschland liegt bei der Gesamtbetrachtung der kindlichen Situation immerhin auf Platz 6, keineswegs also schlecht. Tatsächlich eher mittemäßig ist der materielle Wohlstand (Platz 11), Gesundheit und Sicherheit (Platz 12) und Wohnen und Umgebung (Platz 13) – doch das besagt ja noch längst nichts über die reale Situation. Also lese ich weiter...

Interessant finde ich auf Seite 8 den Grund für die Erstellung dieser Tabelle: Sie soll den Fortschritt der Kinder feststellen und messen und so Standards für die Kindesentwicklung der Industrienationen aufzeigen. Außerdem soll die Frage beantwortet werden, wie verschiedene Länder diese Standards erreichen können.

Des Weiteren wird hier auch darauf hingewiesen, dass die Daten aus bearbeitungstechnischen Gründen bereits aus den Jahren 2009-2010, der europäischen Krise, stammen. Das heißt, dass die Daten nicht notwendigerweise die aktuelle Situation widerspiegeln müssen.

Auf Seite 9 werden daraufhin die verschiedenen Bewertungsmaßstäbe für die einzelnen Merkmale erläutert. Sie erscheinen mir durchaus sinnvoll. Für Gesundheit so zum Beispiel: Gesundheit bei Geburt (Säuglingssterberate, Rate der untergewichtigen Geburten), Prävention (Immunisierungsrate), Kindersterblichkeit (Mortalitätsrate der 1-19 Jährigen).

Darauf folgen die einzelnen Tabellen zu den Merkmalen, die die untersuchten Ländern in Hinsicht auf den jeweiligen Durchschnitt zeigen. Leider fehlen hier vollkommen die absoluten Zahlen, man kann lediglich ablesen, um wie viel ein Land vom Durchschnitt abweicht., darauf werden dann noch einmal die einzelnen Merkmale dargestellt (z.B. die Prozentzahlen der Kinderarmut). Die deutschen Zahlen schreibe ich mal zur Übersichtlichkeit raus:

Merkmal Abweichung vom Durchschnitt*
materieller Wohlstand +0.6
Gesundheit und Sicherheit +0.4
Erziehung +1.2
Verhalten und Risiken +1.2
Wohnung und Umgebung +0.6

*= nicht in Prozent

Anschließend werden noch Schwachpunkte und weitere Möglichkeiten zur Beschreibung der Lage der Kinder in den Industrienationen genannt, die zum Teil noch nicht verwirklicht wurden.

Im darauffolgenden zweiten Teil des Berichtes soll es dann um die Meinungen der Kinder gehen. Zunächst werden dort dann die besonders zufriedenen Kinder (im Vergleich zur materiellen Situation) genannt: Griechenland, Spanien und Italien (ob das etwas mit der Mentalität der Menschen zu tun hat?. Ebenso werden die besonders unzufriedenen Kinder genannt: Deutschland als der große Verlierer, Luxemburg, Canada und Polen.

Darauf folgt eine Tabelle, die beschreibt, wie viel Prozent der deutschen Kinder eher mit ihrem Leben zufrieden sind. Bewerten sollten die Kinder anhand einer Scala von 0-10, wobei 0 für das schlechtmöglichste Leben steht und 10 für das bestmöglichste. Deutschland hat hier einen Prozentsatz von 84%, d.h. 16% der Kinder sind eher unzufrieden mit ihrer Situation.

Diese Gesamt(un-)zufriedenheit wird dann noch weiter aufgeschlüsselt. 74,7% der deutschen Kinder können gut mit ihrem Umfeld kommunizieren (Bewertung: nette, helfende Klassenkameraden, Sprechen mit Mutter und Vater: wobei hier auffällt, dass viel mehr Kinder eher mit ihrer Mutter sprechen können). Insgesamt ist das noch oberer Durchschnitt.

Leider werden dann jedoch keine weiteren Merkmale aufgeschlüsselt. Interessant wären ja zudem noch die Beziehungen zu Lehrern, der Notendruck, Freizeit- und Entspannungsmöglichkeiten, Geschwister, andere Peers, Gewalt und noch einiges mehr.

Damit aber gibt es keine eindeutige Begründung in diesem Unicef- Bericht, dass ausgerechnet der Leistungsdruck die geringe Zufriedenheit der deutschen Kinder verursacht. Dieser mag zwar durchaus eine Rolle spielen, aber genauso gut könnte es jedes andere der von mir vorgeschlagenen Merkmale sein oder ein anderes.

Insgesamt also halte ich für mich fest, dass hier mal wieder unberechtigte Panikmache in den Medien betrieben wurde. Leistungszwang bietet sich einfach nur zu gut an, um ein Problem, das es so tatsächlich in Deutschland gibt – wie die Zahlen beweisen -, wegzureden und sich eine Klärung zu sparen.

So. Das war jetzt doch eine sehr aktuelle und auch persönliche Sache, da ja meine Meinung ziemlich deutlich zum Ausdruck kam. Was haltet ihr von den Ergebnissen des Berichts? Habt ihr eigene Thesen, wie es zu dieser eher geringen Zufriedenheit kommt oder haltet ihr das alles nur für ausgemachten Quatsch?

Ich wünsche euch noch einen schönen Tag!

Eure Ding(s)

PS: Falls es in meinem Impressum nicht steht: Ich distanziere mich ausdrücklich von den in jeglichen Links dargestellten Meinungen und übernehme keinerlei Verantwortung für deren Inhalte. Nur so zur Sicherheit. ☺

1 Kommentar:

  1. Unzufriedenheit kann eigentlich schon fast zu viele Ursachen haben, als dass sich eine Generalerklärung machen ließe.

    Deutsche jammern auch gerne auf hohem Niveau, was sich (logischerweise) auch auf die Kinder mit überträgt (inwieweit ist dann wieder von Fall zu Fall unterschiedlich). Oder sind wir Deutschen im Ausland mittlerweile doch als "immer zufriedene, nie jammernde Leute" bekannt? ;-)
    Dann ist noch die Frage: Alter der Kinder? Wenn ich das richtig bei Unicef rausgelesen wurde, waren das Kinder im Bereich 10-15. Vielleicht bin ich wirklich in einer tollen Zeit aufgewachsen, aber Leistungsdruck gab es da nicht (außer eben: Bestehen wäre schonmal super...).
    Zufriedenheit ist zudem finde ich sehr von jeweiligen Tag abhängig... komplett objektiv ist eine solche Bewertung (von einem selbst) eigentlich nicht möglich... und ist auch stark davon abhängig, welche Kriterien meine Zufriedenheit wirklich beeinflussen.

    Denke auch... hier wird ein wenig aufgebauscht.
    Liebe Grüße
    Neomai

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